„Für meine Kunden bin ich Architekt und Therapeut.“


Wer: Davide Rizzo – Architekt
Wo: Berlin – Mitte

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Schönes Treppenhaus in einem Berliner Altbau in Mitte: Diese Stufen führen in die Kreativschmiede von Architekt Davide Rizzo

Zu seinen Kunden zählen die vier reichsten Familien Russlands, er hat Aufträge in London, Tel Aviv, Cannes. Seine Klientel ist international, so dass der Schweizer Architekt Davide Rizzo trotz seiner Flugangst pausenlos um den Globus jettet. In Mailand geboren, wächst Davide in Lugano auf und studiert Architektur und Design. Es folgt ein Jahr in Tokyo, wo er für ein großes Architekturbüro arbeitet, bevor er nach New York an die Metropolitan Opera wechselt, um dort Bühnenbilder zu entwerfen. In den 90er Jahren – dem Beginn des Berlin-Booms – entschließt er sich, nach Deutschland zu gehen. Auch um die Sprache zu lernen. In der Neuen Schönhauser Allee, der hippen Hauptstadt-Mitte, arbeitet Davide Rizzo mit zehn Mitarbeitern. Knarrende Treppenstufen führen hinauf in den ersten Stock eines typischen Berliner Altbaus hinein in ein Büro, das mit dem Klischee des minimalistischen Architekturbüros nichts gemein hat.

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Davide Rizzo hat gut lachen: Er arbeitet weltweit für die Reichen und Superreichen

My Stylery: Dein Büro sieht aus, als sei es Dein Wohnzimmer.
Davide Rizzo: Ich mag diese sterilen Denkfabriken nicht mit ihren weißen Wänden, wo es nicht mal einen bequemen Stuhl gibt. Bei uns kommt der Kunde rein und fühlt sich gleich zu Hause. Und das gilt auch für mich und meine Mitarbeiter.

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Von minimalistischen Büros hält Davide Rizzo nichts. Auch seine internationalen Kunden sollen sich hier zu Hause fühlen. Der Lüster über dem Tisch sorgt für stimmungsvolles Licht.*

MS: Du arbeitest viel in Russland. Wäre da ein Büro in Moskau nicht sinnvoll?
DR: Bloß nicht! Ich bin froh, dass ich nur einmal im Monat nach Russland fahre. Ich brauche den Abstand. In Städten wie New York, Los Angeles und auch Moskau erwarten die Kunden eine Art Dauerpräsenz. Ständig muss ich sie bespaßen, zum Essen ausführen, erreichbar sein. Das ist mir zu anstrengend. Berlin ist für mich deshalb ein Rückzugsort mit der Option, der Stadt ebenso schnell wieder den Rücken kehren zu können.

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Der Leuchter „Shampoo“ besteht aus 300 Murano-Glaskugeln und wurde von Seguso produziert nach einem Entwurf von Davide Rizzo*

MS: Du beschäftigst zehn Mitarbeiter, jeder mit einem Spezialgebiet, sei es Entwurf, Beratung, Design, Kunst. Selbst für die Auswahl von Stoffen hast Du einen Experten. Das ist eine aufwendige Kundenbetreuung, wie mir scheint.
DR: Ja, die Kunden sind anspruchsvoll. Keiner will, was der andere hat. Das ist sehr betreuungsintensiv und wir haben viel zu tun. In Russland ist es besonders krass. Da wird auch nicht immer nach den Preisen gefragt. Glücklicherweise sind die Russen seit einigen Jahren kultivierter.

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Blick in die Büros der Mitarbeiter von Davide Rizzo*

MS: Wie wirkt sich die derzeitige politische Krise mit Russland auf das Konsumverhalten aus?
DR: Die Reichen bevorzugen nun London, wo sie nur wenig Steuern auf ihr Vermögen zahlen. Für mich ist das super, denn auf diese Weise werde ich international weiterempfohlen. Meine Kunden kennen sich alle untereinander, egal ob sie an der Cote d’Azur leben oder in Miami. Oft werde ich als ein Familienmitglied empfunden, das jahrelang alle Projekte begleitet: erst designe ich die Villen, dann die Yachten und anschließend die Privatjets.

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Der 60er Jahre Ledersessel „Jangada“ in Rizzos Büro ist von dem brasilianischen Designer Jean Gillon: „Der Sessel ist einer meiner absoluten Favoriten,“ sagt Davide Rizzo*

MS: Du hast für L‘oréal und Aveda Shopkonzepte entworfen, für Seguso eine Glasserie, für Siematic Küchen-Griffe. Was reizt Dich an den jeweiligen Aufträgen?
DR: Jedes Mal ist es eine neue Herausforderung. Einige Aufträge sind so umfassend, dass die Kunden alles, inklusive Bettwäsche und Besteck individuell gefertigt haben möchten. Wir bieten den Rundum-Service. In London haben wir gerade für einen spanischen Kunden ein Haus mit 5.000 Quadratmetern Wohnfläche gebaut. Die Nachbarschaft ist prominent: Elton John wohnt links, Gianna Nannini rechts. Die Hausfassaden sehen aus wie Reihenhäuser, sie sind alle komplett identisch. Innen ist alles erlaubt. Wir haben allein für die Unterbringung der Haustechnik eine ganze Etage benötigt. Nun sind meine Kunden happy und ihre Kinder müssen nicht mehr extra von Malaga nach London zum Ballett-Unterricht eingeflogen werden.

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Drei dieser Murano-Leuchter – hier der Prototyp – hat Rizzo ins Schwimmbad eines Kunden gehängt. Wenn eine Glühlampe ausgetauscht wird, muss der Pool zunächst vollständig geleert werden.

MS: Dein Job erfordert offenbar viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen.
DR: Stimmt (lacht). Ein Kunde kam für die Planung seines Hauses anfangs immer mit der Geliebten, bis die Ehefrau dahinter kam. Ein Riesen-Theater und alles musste geändert werden. Ich bin gleichzeitig Therapeut und Architekt. Neulich kam ich auf eine Baustelle bei Moskau, suchte meine Baupläne, die sonst immer an der Wand hingen. Ich fand sie auf der Toilette wieder, in Streifen zerschnitten zu anderweitigen Verwendung. Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen sollte. BvH

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„Die Glasserie habe ich entworfen für Leute, die gern trinken. Da passt einfach richtig viel rein,“ sagt Davide Rizzo

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Hinter Plexiglas gerahmte Skizzen und Entwürfe Davide Rizzos

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Die grünen Vase stammen aus einer traditionellen Produkt im Süden Mexikos

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„Von wem ist dieses Kunstwerk?“ frage ich. „Von mir“, lacht Davide. „Eine kleine ironische Anspielung aufs Leben.“

Kontakt:
Davide Rizzo
Neue Schönhauser Straße 2
10178 Berlin

www.daviderizzo.de

*Copyright by Davide Rizzo

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