Was: Die Sammlungen des Fürstenhauses Liechtenstein Wo: Albertina, Wien Wien…
Atelier-Besuch bei Haralampi Oroschakoff
Wer: Haralampi Oroschakoff – Maler & Autor
Wo: Berlin
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Das Atelier des Künstlers Haralampi Oroschakoff liegt in einem 30er Jahre-Gebäude eines Industrieviertels im Berliner Westen. Obwohl ich den gebürtigen Österreicher schon seit vielen Jahren kenne, ist dies mein erster Besuch in dem knapp 300 Quadratmeter großen Atelier, durch dessen bodentiefe Fenster der Blick auf eine Kleingartensiedlung fällt und das Licht hinein in die loftartigen Räume, in denen die großformatigen Bilder Oroschakoffs entstehen. Der bekennende Wiener entstammt dem altrussischen Adelsgeschlecht der Bojaren Haralamow-Oreschak, das sich bis ins elfte Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Seit 16 Jahren lebt der international erfolgreiche Künstler zusammen mit seiner Frau, der Galeristin Diana Gräfin von Hohenthal und Bergen und den gemeinsamen Kindern in der Hauptstadt. Seine Werke hängen bei Prominenten wie Vicky Leandros, Jette Joop oder Prinzessin Firyal von Jordanien. Trotzdem war sein künstlerischer Werdegang immer auch ein Kampf um Anerkennung.
MyStylery: Das Atelier eines Künstlers assoziiert automatisch den Gedanken an kreatives Chaos. Ich bin erstaunt, wie aufgeräumt es bei Dir ist, es ist geradezu wohnlich …
Haralampi G. Oroschakoff: Das Atelier ist für mich nicht nur Denkfabrik, sondern der letzte Ort, an dem persönliche Freiheit möglich ist. Ich muss mich außerdem wohlfühlen, weshalb die Räume nicht auf die reine Zweckmäßigkeit reduziert sind.
MS: Wofür steht das Initial ‚G‘ in Deinem Namen?
HGO: Georgijewitsch.
MS: Dein Vater war ein erfolgreicher Stahl-Fabrikant in Wien, wo Du Teile Deiner Kindheit verbrachtest. Du hättest in seine Fußstapfen treten können.
HGO: Mein Vater hat nie den Verlust des russischen Imperiums und den Fall der Aristokratie verwunden. Ich sollte die Fabrik übernehmen, aber nach einem Jahr war klar, dass das nichts für mich ist. Ich habe oft verschlafen und fand’s auch amüsanter, mittags essen zu gehen, anstatt auf die Baustellen zu fahren. Mein Vater war zudem Mathematiker und Statiker, er baute beispielweise den Franz-Josef-Bahnhof in Wien. Ich hingegen war ein wahnsinnig schlechter Schüler, der aus zehn Internaten geflogen ist.
MS: Hat Dein Vater Dich das spüren lassen?
HGO: Er sprach nie mit mir, sondern nur zu mir. Sogar als ich 1988 auf der Biennale ausstellte, blieb er unversöhnlich. Erst als ich 1990 von Forbes als Newcomer-Star neben Jeff Koons und Franz West gelisted wurde, die Preise der Bilder jeweils daneben und gleichzeitig deren Wertsteigerung, verstand mein Vater und kam sogar mal zu einer Ausstellung nach Belgrad.
MS: Das muss sehr traurig für Dich gewesen sein, als junger Mensch keinerlei Anerkennung zu erfahren.
HGO: Als Kind war ich ein schweigendes, in sich gehendes Kraftpaket. Ich habe vieles durch Sport kompensiert, habe Tennis gespielt, bin geritten, später Oldtimer-Rallyes gefahren. Und ich habe gemalt. Zeichnen war für mich denken mit dem Bleistift.
MS: Warum hast Du die Wiener Kunstakademie nach nur drei Monaten abgebrochen?
HGO: Das waren zu starre Strukturen. Dogmen und Ideologien habe ich immer gehasst. Es ist eine innere Ambivalenz in mir. Als Künstler muss ich Dinge zerstören, um etwas Neues zu schaffen. Eigentlich habe ich meine Karriere dreimal selber beschädigt.
MS: Wie meinst Du das?
HGO: In den 80ern hatte ich die mediale Aufmerksamkeit, die man braucht, um als erfolgreich zu gelten. Das hat mir nicht gereicht und ich glaubte, mich in den 90ern mit Osteuropa auseinander setzen zu müssen, auch als Hommage an meine Wurzeln. Zur Jahrtausendwende ging ich nach Berlin. Meine Galeristen haben diese Entscheidungen allerdings nicht mitgetragen. Es war jedes Mal ein neuer Anfang.
MS: Die extreme Lebensweise und die Provokation scheinen Teile Deiner Persönlichkeit zu sein.
HGO (lacht): Der Dandy und Aristokrat haben die Kunstszene immer irritiert, allein schon durch sein Erscheinen. Ich habe das auch stets gepflegt, inklusive Saufgelagen und Prügeleien. Aber immer mit der notwendigen Eleganz.
MS: Jahrelang war die ‚Paris Bar‘ in Berlin Dein zweites Wohnzimmer. Heute scheinst Du eher brav zu sein. Fehlt Dir da was?
HGO: Sagen wir’s so: Ich habe dem Wodka weitestgehend Adieu gesagt. I’ll come back.
MS: Du bezeichnest Dich selber als Familienmenschen. Ist die Familie gerade nach Deinen eigenen Kindheitserlebnissen so wichtig für Dich?
HGO: Ich sehe mich als „Vorletzter“ in der Familienreihe, also muss ich verstärkt die gelebte Tradition in die nächste Generation tragen. Dazu gehört nicht nur Freundschaft und Respekt, Ehrgefühl und Verantwortung. Ich wünsche mir auch, dass meine Kinder später einmal mein Werk bewahren. BvH
Haralampi Oroschakoff: I’ll come back
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