Zucker und Milch, Durchlaucht?


Wer: Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe
Wo: Schloss Bückeburg

Foto: Schloss Bückeburg

Schloss Bückeburg in Niedersachsen: Stammsitz des Hauses Schaumburg-Lippe

Seine Mitarbeiter sprechen ihn mit „Durchlaucht“ an, in der öffentlichen und medialen Welt ist er der „Fürst“: Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe ist Unternehmer, Forstwirt und Chef eines der ältesten deutschen Adelsgeschlechter, dessen Geschichte sich über 900 Jahre dokumentiert. Und er ist Hausherr auf Schloss Bückeburg, einem Renaissance-Ensemble mit Prachtsälen aus vier Jahrhunderten. Gelegen inmitten eines ausgedehnten Landschaftsparks, der auch der Öffentlichkeit zugänglich ist. Ich treffe den studierten Juristen, der Vater von drei Kindern ist (Sohn Donatus aus der Ehe mit Prinzessin Lilly und die Töchter Philomena und Felipa aus der Ehe mit Anwältin Nadja Anna) und zudem ein ausgezeichneter Pianist, auf einen Tee in seinen Privat-Räumen auf Schloss Bückeburg.

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Meet me for Tea auf Schloss Bückeburg: Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe und ich in seinem privaten Salon

MyStylery: Alex, wie bereitest Du Deinen Sohn Donatus auf die Nachfolge des Hauses Schaumburg-Lippe vor?
Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe: Indem ich ihn ermutige, möglichst viel Verantwortung selbst zu übernehmen, was er mit großem Erfolg tut. Donatus war der erste Deutsche, der an der Militärakademie Sandhurst angenommen wurde und in der Household Cavalry gedient hat. An der Universität wurde er im ersten BWL-Semester zum Präsidenten der Student‘s Association (der studentischen Selbstverwaltung) gewählt. Und er engagiert sich in verschiedenen Sportclubs. Wenn mein Sohn sich entscheiden sollte, unseren Betrieb in Eigenregie zu führen und nicht nur kommissarisch, dann ist er auf diese Aufgabe gut vorbereitet.
MS: Und wenn er lieber Popstar wäre?
ASL: Meinen Segen hätte er, auch wenn nichts dafür spricht, dass er das will. Die Neigung liegt eindeutig im Unternehmerischen. Ich habe ihm immer gesagt, tue das, was Du am liebsten tust, denn das tust Du auch am besten. Ich habe ja auch noch zwei Töchter…
MS: …die den Betrieb dann auch übernehmen könnten?
ASL: Sie können nicht erben. Es ist testamentarisch verfügt, dass der Kernbesitz, das traditionelle Erbe, nur an den erstgeborenen Sohn weitergegeben werden kann.
MS: Ist das heute noch zeitgemäß, wo überall versucht wird, Frauen in Führungspositionen zu etablieren?
ASL: Das hat etwas mit unseren familiären Traditionen zu tun. Man muss alte Zöpfe da abschneiden, wo es notwendig ist. Mein Sohn könnte also durchaus auch eine Betriebsleiterin einsetzen, wenn er selber nicht aktiv antreten möchte.

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Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe genießt seinen Tee mit etwas Milch

MS: Nach eigenem Bekunden warst Du eher ein mittelmäßiger Schüler, der anstatt aufzupassen, lieber Asterix unterm Tisch gelesen hat. Was Dir prompt eine Fünf im Zeugnis einbrachte. Wäre ein Internat eine Option für Dich gewesen?
ASL: Na ja, das war nicht überall so. Für manche Fächer konnte ich mich begeistern und war zum Beispiel auch als Schriftleiter – so hieß das damals – der Schülerzeitung aktiv. Ich wäre gerne auf ein Internat gegangen, denn dort knüpft man Kontakte, die ein Leben lang halten. Meine Mutter wollte mich vermutlich vor dem Druck, der zumindest anfangs auf Internatsneulinge ausgeübt wird, bewahren. Dafür bekam ich umso mehr Druck in Bückeburg wegen meiner sozialen Ausnahmestellung. Mein Bruder war auf einem Internat, auf das er wegen schlechter Noten geschickt wurde. Leider gab es dort erhebliche Drogenprobleme. Das hatte auch für ihn Folgen.
MS: Du hast zunächst Politik-, Musikwissenschaft und Publizistik studiert, dann auf Jura umgesattelt, was Du mit Prädikat abgeschlossen hast. Als Du 24 Jahre alt warst, kam Dein Bruder bei einem Motorradunfall ums Leben. Plötzlich musstest Du ungeplant übernehmen. Wie sieht seither Dein Alltag aus?
ASL: Ich habe jeden Tag eine Liste mit Terminen zu absolvieren. Es gibt keine Alltagsroutine. Im Kern sind wir ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, mit einem Immobilien-Standbein, den Veranstaltungen „Landpartie“ und „Weihnachtszauber“. Sie sind ein wichtiger Betriebszweig geworden, für die einhundert Mitarbeiter beschäftigt sind und wo deutlich siebenstellige Beträge umgesetzt werden. In der Hofkammer sind 13 Personen festangestellt, dazu kommen circa 70 Mitarbeiter aus der Land- und Forstwirtschaft sowie aus der Gastronomie.

MS: Ihr seid einst ein regierendes Haus mit politischer und gesellschaftlicher Verantwortung gewesen. Bedauerst Du, dass die Zeit der herrschenden Fürsten vorbei ist?
ASL: Nein, ich bin ein überzeugter Republikaner. Wir haben heute ein sehr gutes politisches System, das nicht durch etwas anderes ersetzt werden muss. Ich weine der Monarchie also keine Träne hinterher. Respektiere sie aber sehr in anderen Ländern.
MS: Was bedeuten Dir Name, Herkunft und Familiengeschichte?
ASL: Wenn man so stark in die eigene Familiengeschichte eingebettet ist, ist das auch identitätsstiftend, worauf ich Wert lege. Das macht mich noch lange nicht zu einem politisch Rechten, sondern überantwortet mir eher gewisse Aufgaben und Verantwortung. Und natürlich einen gewissen Stolz auf das, was die Vorfahren erreicht haben. Verbunden mit dem Gefühl der Verpflichtung, ihnen einigermaßen gerecht zu werden.
MS: Das klingt nach einer Art Bürde…
ASL: In gewissen Abstufungen erlebt das jeder Aristokrat, der sich mit seiner Herkunft identifiziert.
MS: Die Teekultur galt immer als Zeichen der Aristokratie und war ihr im 17. Jahrhundert vorbehalten. Ist Tee Dein Getränk?
ASL: Tee ist ein geselliges und ein kultiviertes Getränk, wo man schon den Unterschied merkt, ob es sich um ein gutes Gewächs handelt oder nicht. Im Flugzeug habe ich mal einen Inder kennengelernt, der mir erzählte, dass der von ihm angepflanzte Tee ins englische Königshaus geliefert wird. Aber nur die Spitzen, die der Queen vorbehalten sind. Tee hat etwas meditatives, weil er einen beinahe zwingt, sich zu verinnerlichen und sich auf das Aroma zu konzentrieren. Ein Getränk, das man mit Bedacht zu sich nimmt. Den Morgen beginne ich allerdings gerne mit einem Kaffee.

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Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe mit Mahkameh Navabi

MS: Du bist seit einem halben Jahr zum zweiten Mal geschieden. Nun gibt es mit Mahkameh Navabi seit drei Jahren eine neue Frau an Deiner Seite. Gibst Du der Ehe nochmal eine Chance?
ASL: Schwer zu sagen. Eines schließe ich allerdings aus: Noch einmal Kinder zu bekommen.
MS: Hast Du Deine Scheidungen als persönliche Enttäuschung oder gar Niederlage erlebt?
ASL: Nein, wieso? Wenn eine Partnerschaft nicht mehr funktioniert, dann trennt man sich doch besser. Jeder hat nur ein Leben und jeder trifft seine persönliche Lebensentscheidung, die auch nicht zu kritisieren ist. Altkanzler Schröder hat fünf Mal geheiratet. Wenn man eine Partnerschaft eingeht, dann ist sie doch zunächst für den Moment angelegt und nicht automatisch für ein ganzes Leben. Man sollte nicht krampfhaft an Verhältnissen festhalten, die nicht mehr zu retten sind.

MS: Hattest Du jemals das Bedürfnis, alles einfach hinzuschmeißen und auszusteigen?
ASL: Ich hatte oft das Bedürfnis unternehmerisch etwas Neues zu machen. Ohne die Veranstaltungen im Schloss wäre es nicht möglich, das Haus in dieser aufwendigen Form zu unterhalten. Der mittelalterliche Balkon im Innenhof muss beispielsweise vollständig abgetragen und erneuert werden.
MS: Bückeburg ist doch Kulturdenkmal. Da gibt es sicher Zuschüsse.
ASL: Für die Erhaltung der Schlosskapelle, deren Kuppel beinahe eingestürzt wäre, hat es eine großzügige Unterstützung gegeben. Damit können wir aber nicht jedes Mal ohne Weiteres rechnen.
MS: Was kostet es, Bückeburg in dieser Perfektion zu unterhalten?
ASL: Eine sehr hohe Summe, von der man ohne weiteres ein sehr schönes Einfamilienhaus auf die grüne Wiese setzen könnte. Ich möchte das Haus in einem Zustand hinterlassen, der es meinem Sohn möglichst einfach macht, es weiter zu erhalten.

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Glaubt nicht an Geister: Alexander Fürst zu Schaumburg Lippe

MS: Du wolltest ja ursprünglich Journalist werden…
ASL: Ganz verlassen hat’s mich nie. Wer meine Facebook-Seite kennt, weiß, was das bedeutet. Ich zitiere, äußere mich aber auch selbst. Und lade Leute ein, kontrovers zu diskutieren.
MS: Zeugt das von einem gewissen Sendungsbedürfnis?
ASL: Das ist ein starkes Wort. Viel mehr versuche ich, an der politischen Willensbildung teilzunehmen. Deshalb bin ich ja auch in der FDP aktiv.
MS: War es jemals eine Option, ein politisches Amt zu übernehmen?
ASL: Für ein offizielles Amt bin ich nicht dickhäutig genug. Politiker in Deutschland sind mehr als in jedem anderen Land Schmähungen und Pauschalkritik ausgesetzt. Das könnte ich für mich nicht verarbeiten.

MS: Hast Du ein politisches Vorbild?
ASL: Guido Westerwelles Denken habe ich immer als besonders pragmatisch und rational empfunden. Jemand, der sich von keinen Ideologien vereinnahmen ließ. Wir waren befreundet und er war öfters auch hier im Haus. Er war der Mann, der mich überzeugt hat, Liberaler zu werden.
MS: Warum sind etliche Adlige bei der AfD?
ASL: Jeder Adlige, der bei der AfD ist, ist aus meiner Sicht einer zu viel. Mit Beatrix von Storch bin ich verwandt und habe sie immer für eine kluge und differenzierte Person gehalten. Mir ist nicht begreiflich, was sie heute tut. Ihre politische Haltung konnte ich noch nie teilen. Eine Partei, in der Leute wie Björn Höcke das große Wort führen und die dem sogenannten gesunden Volksempfinden eine bedenkliche Plattform gibt. Diese Partei ist nicht konservativ, sondern gefährlich und dem sozialen Frieden nicht zuträglich. Und damit meine ich nicht nur ihre Ausländerpolitik.

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Teatime mit Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe auf Schloss Bückeburg und den Kurland-Tassen von KPM – Königliche Porzellan Manufaktur Berlin

MS: Bückeburg wirkt ein bisschen wie das Dornröschen-Schloss. Spukt es hier denn auch?
ASL: Es war immer die Rede von einer weißen Frau, die im sogenannten Kaiserzimmer herumspukt, aber noch nie gesehen wurde. Einmal hatten wir hier eine Truppe von Hobby-Geisterjägern mit großen Gerätschaften. Nach einer Woche präsentierten sie mir ein Foto mit einem schemenhaften Gesicht, das sie im Turm des Innenhofes gemacht hatten. Ich wohnte damals vis-à-vis. Vermutlich handelt es sich bei dem Gesicht um mein eigenes.
MS: Das Schloss hat 250 Zimmer. Wie lange braucht man, um einmal durch alle Räume zu gehen?
ASL: Interessante Frage, habe ich aber noch nie ausprobiert.
MS: Berühmt ist der Große Festsaal, verbindest Du mit ihm besondere Ereignisse?
ASL: Als mein Sohn 18 Jahre alt wurde, habe ich eine Party für ihn geschmissen, zu der 130 Freunde eingeladen waren. Das waren drei sehr lustige Tage.
MS: Und, musstest Du sie anschließend raustragen oder konnten sie noch selber laufen?
ASL: Das haben sie weitestgehend selber geschafft. Allerdings habe ich in unserer internen Facebook-Gruppe Fotos gepostet von Dingen, die ich im Hof gefunden hatte: Fertig zur Abholung. Darunter ein Orden, eine Pfeife, Schlüsselbund und Zigaretten. Und ein Gast. Der lag doch tatsächlich morgens um elf immer noch auf dem Rasen.  BvH

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Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe ist ein begnadeter Musiker: „Aber lieber ein guter Amateur, als ein unbrauchbarer Profi.“

Info:

Zum Vermögen des Hauses Schaumburg-Lippe zählen u.a. 3.700 Hektar Wald und 500 Hektar landwirtschaftliche Fläche. Darüber hinaus besitzt die Familie 7.000 Hektar Bergwald in Österreich und etliche Immobilien. Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe öffnete Schloss und Anwesen für die Öffentlichkeit, beispielsweise mit Veranstaltungen wie „Landpartie“ und „Weihnachtszauber“ (dieses Jahr vom 29. November bis 09. Dezember), die alljährlich mehr als 90.000 Besucher anziehen. Außerdem präsentiert sich seit 2004 die Bückeburger Hofreitschule, die im 18. Jahrhundert eines der bedeutendsten Reitkunstzentren Europas war. Prominente Gäste im Schloss waren u.a. König Hussein von Jordanien, König Willem-Alexander der Niederlande, Prinz Henrik von Dänemark, Michail Gorbatschow sowie die Politiker Guido Westerwelle, Philipp Rösler, Friedrich Merz und Christian Lindner.

Foto: Schloss Bückeburg

Schloss Bückeburg im Weihnachtszauber – Dieses Jahr vom 29. November bis 9. Dezember

Kontakt Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe:

schloss-bueckeburg.de

Die Interview-Reihe „Meet me for Tea“ wird gesponsort von KPM – Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin.
Weitere MyStylery-Interviews findest Du hier.

There are 2 comments for this article
  1. Carmen
    at 21:15

    Liebe Birgit,

    Es war mir, wie immer, eine Freude. Ich mag sehr, wie Du mit Deinen Fragen die Antworten aus Deinem Gegenüber herauskitzelst. So kann man immer sehr viel über Deinen jeweiligen Interviewpartner erfahren.

    Der Weihnachtsmarkt auf Bückeburg ist mir noch eine Reise wert.

    Liebe Grüße Carmen

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