Darf’s noch etwas Tee sein, Durchlaucht?


Wer: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis
Wo: Berlin

Meet me for Tea: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis und ich im Hotel de Rome in Berlin

Durchlaucht ist auf dem Sprung: Gloria von Thurn und Taxis hat später noch einen Termin mit Hochwürden. Die überzeugte Katholikin nimmt sich trotzdem Zeit für einen Tee mit MyStylery. Ich treffe die Fürstin im Berliner Hotel de Rome, der Lieblingsbleibe der umtriebigen Adligen in der Hauptstadt. Hier logiert die Hausherrin des größten bewohnten Schlosses Europas regelmäßig, sei es zur Vernissage ihrer Portrait-Kunst oder der Präsentation ihres neuen Buches*. Die Mutter von drei erwachsenen Kindern sanierte nach dem Tod ihres Mannes das Familienunternehmen. Dazu zählen diverse Privatbanken, zahllose Immobilien, Industriebeteiligungen und eine Brauerei. Die wilden Zeiten der Regensburger Aristokratin als Punk-Prinzessin sind legendär. Genauso wie ihre provokativen und umstrittenen Statements zum Thema Aids oder Verhütung. Gloria von Thurn und Taxis ficht die Kritik nicht an. Ich winke dem Kellner und bestelle Tee: „Herr Ober!“

„Ich trinke den ganzen Tag über Tee, den ich mir aus frischer Minze, ein paar Tropfen Zitrone und geschältem Ingwer zubereite.“

Gloria von Thurn und Taxis: Herr Ober … das sagt doch heute kaum noch jemand. Das werde ich jetzt immer mit Ihnen verbinden.
MyStylery: Das nehme ich als Kompliment! Sind Sie Teetrinkerin, Fürstin?
GTT: Ich trinke den ganzen Tag über Tee, den ich mir aus frischer Minze, ein paar Tropfen Zitrone und geschältem Ingwer zubereite. Das übergieße ich mit heißem Wasser. Fertig. Meine russische Großmutter hat mir die Teekultur näher gebracht. Man nimmt eine Porzellankanne, die zuvor mit heißem Wasser ausgespült wird. Erst danach kommen die Teeblätter hinein. Wichtig ist, dass der Tee die richtige Farbe hat und nicht zu lange zieht.
MS: Die Engländer lassen die Teeblätter die ganze Zeit über in der Kanne…
GTT: Ja, scheußlich! Sie übergießen alles mit Milch und man schmeckt nichts mehr. Ich mische gerne:  Earl Grey und sein herrliches Bergamotte-Aroma mit dem chinesischem Rauchtee Lapsang Souchong. Das schmeckt köstlich.
MS: Wird bei Ihnen im Schloss Teatime zelebriert?
GTT: Nachmittags trinke ich regelmäßig Tee zusammen mit meiner Mutter. Sie ist Ungarin und trinkt tatsächlich nur Ostfriesentee im Teebeutel. Für mich ein absolutes No-Go. Die Wintermonate verbringe ich in meinem Haus in Kenia, wo ich gern Keniatee trinke. Der ist unparfümiert und sehr frisch.

Gloria von Thurn und Taxis: „Ostfriesentee im Teebeutel? Für mich ein absolutes No-Go.“

MS: Sie sind praktizierende Katholikin. Macht der Glaube an Gott das Leben leichter?
GTT: Ich glaube, dass ich durch die heiligen Sakramente das Leben besser meistern kann. Zur Beichte gehe ich mindestens einmal im Monat. Man vergisst ja sonst, was man beichten wollte. (lacht) Beichten ist letztendlich immer dasselbe. Das ist wie beim Duschen oder Händewaschen: man macht sich immer an dergleichen Stelle schmutzig. Ich hoffe, dass ich durch die Beichte ein bisschen sensibler und rücksichtsvoller agiere.
MS: Man gibt zehn Euro in den Klingelbeutel und die Sünden sind reingewaschen?
GTT: Die Beichte funktioniert nur dann, wenn man wirklich bereut. Mit Freikaufen hat das nichts zutun.

Gloria von Thurn und Taxis und ich wählen Eary Grey – schwarz und ohne Zucker

MS: Was bereuen Sie?
GTT: Jede meiner Sünden, z.B. wenn ich jemanden vielleicht nicht beachtet habe, weil ein anderer wichtiger war. Das ist nicht richtig. Oder am Arbeitsplatz: wie oft kommt es vor, dass man seine Macht spielen lässt.
MS: Tun Sie das?
GTT: Wenn ich es eilig habe, ja. Ungeduld, Hochmut und Egoismus sind meine großen Schwächen. In der katholischen Kirche glaubt niemand daran, dass die Menschen perfekt sind. Wir sündigen ständig.
MS: Wie äußert sich Ihr Hochmut?
GTT: Fühle ich mich schlecht platziert, frage ich mich, warum sitze ich hier, das kann doch unmöglich mein Platz sein. Wissen sie eigentlich nicht, wer ich bin?
MS: Sie sagen über sich, Sie seien genusssüchtig.
GTT: Irgendwann stand ich vor der Frage, werde ich immer dicker oder muss ich mich disziplinieren und nein sagen, wenn ich satt bin. Das fällt mir schwer, vor allem bei Süßem. Schokolade ist eine große Versuchung.

Hat einen Hang zu extravaganten Brillen: Gloria von Thurn und Taxis liebt ihre riesigen Gleitsicht-Brillen. „Mit einer Lesebrille sieht man doch aus wie die eigene Großmutter.“

MS: Sie sind bereits Großmutter. Ihre älteste Tochter wurde vor zwei Jahren mit Mitte dreißig zum ersten Mal schwanger, ihre jüngere Tochter und auch Ihr Sohn sind noch nicht verheiratet. Finden Sie das befremdlich?
GTT: Wir sind alle Kinder unserer Zeit. Heute dauert die Ausbildung lange. Danach will man beruflich tätig werden. Früher waren Frauen darauf konditioniert, früh eine eigene Familie zu gründen, allein schon, um der eigenen Familie nicht länger auf der Tasche zu liegen.
MS: Ihre Töchter haben Karriere gemacht, beide leben in London. Sie haben damals die Schule abgebrochen. Wie hätten Sie reagiert, wenn ihre Töchter ähnlich entschieden hätten?
GTT: Ich habe ihnen immer gesagt, es ist okay, wenn sie die Schule abbrechen wollen. Dann wird eine Lehre gemacht. Auf eine Ausbildung hätte ich in jedem Fall bestanden. Nur weil ich selber etwas falsch gemacht habe, sollten die Kinder das nicht unbedingt wiederholen.
MS: Bedauern Sie im Nachhinein, die Schule nicht beendet zu haben?
GTT: Natürlich. Ich wollte unbedingt auf die Schauspielschule. Aber das Münchener Nachtleben hat mich abgelenkt. Ich hatte so kleine Stimmen im Kopf, die mir zuriefen, Schule ist doch viel zu langweilig, komme lieber mit uns ins „Why Not“. Das war damals DER Nachtclub, der meine Freundin Edith gehörte und wo ich mit meinen Freundinnen umsonst trinken durfte. Da konnte man am nächsten Morgen alles andere als fit in die Schule gehen.

Gloria von Thurn und Taxis hat viele Talente: sie managt, schauspielert, singt, schreibt und malt

MS: Sie lebten Ihre revolutionäre Phase, da waren Sie schon verheiratet. Waren die schrillen Frisuren und Outfits Ihr Aufbegehren gegen das Establishment?
GTT: Alle sahen immer gleich und angepasst aus. Ich habe die verrückten Looks der internationalen Laufstege geliebt. Paco Rabanne, Pierre Cardin, Courrèges oder Jean Claude Montana, sie alle fanden es total toll, dass ich ihre ausgefallenen Kreationen getragen habe. Ich war jung und fand es aufregend, wie positiv die Presse darauf reagierte. Und Gerhard Meir hat mir den bunten Punk-Look des Laufstegs auf den Kopf gezaubert.
MS: Würden Sie das heute nochmal machen?
GTT: Nein, das war zuviel Karneval. Und ein enormer zeitlicher Aufwand.

„Wenn sich jemand nicht gut getroffen fühlt, male ich nochmal. Das wird dann meistens noch schlimmer und mein Auftraggeber entscheidet sich für das erste Bild.“

MS: In Ihrer Ehe, so heißt es, wackelten häufiger mal die Palastwände, wenn Sie mit Ihrem Mann gestritten haben. Ist das ein Grund, weshalb Sie seither nicht wieder geheiratet haben?
GTT: Wenn wir gestritten haben, haben wir uns jedes Mal vorm Schlafengehen wieder vertragen. Es ging dabei auch nie um wirklich wichtige Dinge. Warum bist Du zu spät gekommen? Warum hast Du heute soviel getrunken?
MS: Waren Ihre Auseinandersetzungen dem großen Altersunterschied geschuldet? Immerhin 34 Jahre…
GTT: Ich hatte eine tolle Ehe mit einem faszinierenden Mann. Zehn tolle Jahre. Ein Sechser im Lotto. Geblieben wäre immer der Vergleich. Vielleicht wäre es aus meinem Kopf, wenn ich mich richtig verlieben würde. Aber das ist seitdem nicht passiert.
MS: Sie waren Dreißig, als Sie Witwe wurden. Fühlen Sie sich manchmal einsam?
GTT: Ich fühle mich nicht einsam, aber ich bin manchmal allein. Meine Mutter sagte mir mal, dass man das Alleinsein ab einem gewissen Alter auch genießen würde. Und es stimmt. Ich suche heute das Alleinsein.
MS: Sind Sie so auf die Idee mit der Malerei gekommen?
GTT: Genau. Ich kann nur malen, wenn ich allein bin. Ich regeneriere mich beim Malen. Ich male nicht mehr als ein Bild am Tag, immer nur Gesichter nach Foto-Vorlagen. Mittlerweile sind es hunderte.

Die Bilder sind mit Ölfarbe gemalt. „Ich mag es nicht, die Farbe draufzuklatschen. Die Bilder brauchen Leichtigkeit. Das muss aus der „la main“ kommen.“

MS: Wer schafft es auf Ihre Leinwand?
GTT: Für die Ausstellung in Josef Voelks Store „The Corner“ habe ich bewusst nur Berliner Persönlichkeiten aus allen Bereichen gewählt. Unterstützt bei der Auswahl hat mich meine Nichte, die Tochter meines Bruders Alexander, der ja in Berlin lebt.
MS: Ein Foto ist immer nur eine Momentaufnahme, weshalb sich einige der Portraitierten offenbar nicht so gut getroffen fühlen. Ist das mangelnde Anerkennung, die Sie verletzt?
GTT: Überhaupt nicht. Es ist doch ein Unterschied, wie man sich selbst sieht und wie man von anderen gesehen wird.
MS: Sie haben auch Sven Marquardt gemalt, Berlins wichtigsten Türsteher. Waren Sie mal im Berghain?
GTT: Noch nie. Das ist mir einfach zu spät. Ich war in den tollsten Clubs der Welt, in New York im Studio 54, im Area, im Nells …
MS: Stört es Sie, das Kritiker Ihre Bilder als liebliche Wasserfarbportraits bezeichnen?
GTT: Da Portraits oft als Auftragsarbeit gesehen werden, gelten sie nicht als Kunst. Das ist doof, aber mir ist es völlig wurscht. Ich mag Leute malen, auch ohne Auftrag.

Die Ausstellung der Fürstin im Berliner Conceptstore „The Corner“. Aktuell sind ihre Bilder in der Berliner Galerie Robert Eberhardt zu sehen

MS: Sie wollen damit ja auch kein Geld verdienen…
GTT: Doch, ich würde mich schon freuen, wenn jemand für getane Arbeit etwas bezahlt. Das drückt doch auch eine gewisse Wertschätzung aus. Dennoch verschenke ich meine Bilder sehr oft, weil ich ja meistens Freunde male. Ich komme aus der Portrait-Tradition, die es im Adel gibt. Als ich Maler suchte, die meine Kinder portraitieren, war das schwer genug. Kaum ein Künstler nimmt derartige Aufträge an. Ich erkannte die Marktlücke.
MS: Und dann meckern die Kunstkritiker.
GTT: Es ist doch super, wenn die überhaupt was sagen. Jetzt malt sie auch noch… (lacht). Ich kann übrigens auch singen und hatte früher eine Rockband. Das Tolle an der heutigen Zeit ist, jeder kann sich ausprobieren. Ich schaue im Fernsehen ja sehr gerne diese Nachswuchs-Castingshows…
MS: Was? DSDS, sowas schauen Sie sich an?
GTT: Ich liebe es und schalte ein, egal wo ich bin. Es fasziniert mich, was dort für Talente entdeckt werden. Da kommt ein Autohändler, der singt so schön, dass man es kaum glauben kann. Unfassbar!
MS: Sie wären das perfekte Jury-Mitglied…
GTT: Unbedingt. Das würde ich total gerne machen. Ich habe sogar mal einen Agenten darauf angesprochen. Aber bislang hat noch niemand angeklopft. BvH

*Buch:

Skira Rizzoli: Gloria von Thurn und Taxis – Das Haus

Kontakt Gloria von Thurn und Taxis:

thurnundtaxis.de

Galerie Robert Eberhardt:

galerie.roberteberhardt.com

 

 

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