Else Edelstahl öffnet ihre geheime Wunderkammer


Wer: Else Edelstahl, Gastgeberin & Initiatorin
Wo: Berlin – Friedrichshain

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Ein Besuch in Else Edelstahls Berliner Wohnung ist ein Ausflug in eine andere Epoche: „Die Sachen finden mich, ich suche nicht danach.“

Wenn man die Altbau-Wohnung von Else Edelstahl in Berlin-Friedrichshain betritt, begibt man sich auf eine Art Zeitreise: Antiquitäten neben Flohmarktfunden, drapierte Stoffe an Fenstern und Wänden, im Schlafzimmer ein Baldachin, Kronleuchter, Grammophone, alte Telefone, Kisten und Kästen. Else Edelstahl liebt es offenbar museal. Eine Lebenseinstellung. Denn Else hat mit ihrer „Gesellschaft für mondäne Unterhaltung“ Berlins Goldene Zwanziger zurück ins Leben geholt und wenn sie zur „Bohème Sauvage“ lädt, lebt das legendäre Berliner Nachtleben und die Kultur der Bonvivants und Dandys wieder auf. Stilvoll, versteht sich. Und das mittlerweile so erfolgreich, dass es die „Bohème Sauvage“ auch in Hamburg, Köln, Wien und Zürich gibt.

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„Ich bin die Salonnière“, sagt Else Edelstahl, die auch das Berlin Burlesque Festival mitorganisiert

MyStylery: Else, unter Deiner Regie ist die Berliner 20er Jahre-Szene auferstanden. Die Leute kultivieren seitdem die Golden Twenties und alles, was damit zu tun hat. Wie kam es dazu?
Else Edelstahl: Ich hatte schon immer ein Faible für Verkleidung in geschichtlichem Kontext. Als Teenager war es das Mittelalter und ich habe mich für Schwertkampf begeistert. Mit 18 Jahren interessierten mich Kleidung, Etikette und der höfische Tanz des Rokoko. Ein Buch über die Pariser Salon-Kultur brachte mich dann auf die Idee zu „Bohème Sauvage“. Das war vor zehn Jahren und es gab in Berlin noch kein Revival der 20er Jahre-Szene.

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Ein paar Kissen plus an die Wand getackerte Dekostoffe: Fertig ist die Sitzecke. Erfinderisch zeigte sich Else auch bei ihrem Künstlernamen: Von ihrer Großmutter übernahm Else den Vornamen. „Der Nachname Edelstahl war eine Schnapsidee.“

MS: Zu Deinen Events, die in Berlin im Wintergarten oder im Konzerthaus stattfinden, kommen mehrere hundert Gäste, in Köln waren es sogar 1000. Was bewegt die Leute, sich in Frack und Charleston-Kleidchen zu werfen?
EE: Neugier auf das Unbekannte und Sehnsucht nach alten Zeiten. Und der Spaß an der Verkleidung und dem Rollentausch. Einmal jemand anders sein: Dirne oder Diva, Mafiosi oder Gigolo. Bei uns ist das alles möglich, vom Gentleman bis zur Revuetänzerin. Die Gäste können gar nicht overdressed genug sein. Her mit der Stola, den Perlenketten und für den Herrn Gamaschen und Menjou-Bärtchen. Billige Faschingskostüme sind nicht erwünscht. Wir legen Wert auf guten Stil.

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„Die Einrichtung und mein ganzer Schnickschnack haben mich nicht viel gekostet.“

MS: Und wer den Dresscode nicht befolgt, muss draußen bleiben.
EE: Das kann passieren. (lacht)
MS: Du stammst aus Düsseldorf, hast deine Kindheit in der Eifel verbracht, später Germanistik und Skandinavistik studiert. Was brachte Dich nach Berlin?
EE: Meine Spontanität. Gleich nach dem Abitur mit zarten 18 Jahren habe ich eine Freundin besucht und bin geblieben. Berlin ist außerdem ein guter Standort, um Partys zu organisieren. Als Ausgleich zu meinem 20er Jahre-Kosmos gehe ich gern zu 80er Jahre- und New Wave bzw. Post Punk Parties oder auch mal ins Berghain.

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Die Kamera mit Ständer und Spitzendeckchen ist von 1908: „Die musste ich natürlich haben.“

MS: In Sachen Einrichtung bist Du Dir absolut treu geblieben. Hier gibt es nur einen Computer – als Zugeständnis an die modernen Zeiten?
EE: (lacht) Das ist die reine Notwendigkeit. Ich hatte auch noch nie einen Fernseher. Ich liebe diese alten Kuriositäten, da steckt immer ein Stück Geschichte drin. Am meisten hänge ich an meiner Erbtruhe, eine Aussteuertruhe von 1732. Früher war dort die feinsäuberlich gebügelte Leinenwäsche drin, heute verwahre ich dort meine Briefe und Fotoalben. Mein Einrichtungsstil war keine bewusste  Entscheidung. Sowas findet sich. BvH

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Das einzige moderne Zugeständnis an die Einrichtung ist Elses MAC auf dem Schreibtisch

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Else zeigt mir, wie das Mini-Mikroskop funktioniert. Ein Erbstück von Opa Josef. Auf der Schachtel steht: „Mikroskope für jeden Beruf“.

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Den Frack trägt Elses Partner Coco, denn auch die Männer erscheinen stilvoll gekleidet auf den Salon-Veranstaltungen

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Die Wohnung Else Edelstahls ist eine einzige Wunderkammer: überall finden sich neue Schätze …

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… wie zum Beispiel das antike Grammophon oder das Telefon …

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… bewacht von Katze Pauline …

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Eine kleine Nasendusche gefällig? Else weiß, wie’s geht

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Else – die gerne Tucholsky liest – im Flur vor Ihrem Bücherschrank

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Hüte und Kopfbedeckungen für jede Gelegenheit

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Die Wohnung Else Edelstahls wirkt wie eine perfekte Filmkulisse. Und dann dieses Licht: Danke liebe Sonne, du hast alles noch schöner gemacht!

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Ein Flohmarktfund und nicht der Schuh aus Elses Kindertagen

Wenn sich eine im Berliner Nachtleben auskennt, dann sie!
Deshalb hier exklusiv auf MyStylery vier ultimative Berlin-Tipps von Else Edelstahl:

1.) Wilde sechziger Jahre Musik gibt es im Bassy-Club
www.bassyclub.com
2.) Elses Lieblingsbar: Primitiv-Bar
Simon-Dach-Straße 28, 10245 Berlin
3.) Kneipe im Originalzustand von 1877
„…mit echtem, authentischen Publikum“:
Leydicke, Mansteinstraße 4, 10783 Berlin
4.) Veganes Restaurant:
Kopps, Linienstraße 94, 10115 Berlin

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Auf Elses Partys ist Verkleiden Pflicht: Egal ob Bohémian, Cabaret, Dandy, Decadent, Diva, Gauner, Gigolo oder Vaudeville. Kreativität ist gefragt

Tipp:
Auf der Suche nach dem richtigen Fummel?
Else Edelstahl hat mit ihrer Kollegin Tilda Knopf den Kostümverleih ‚Le Boudoir‘ aufgemacht.
Hier wirst Du fündig:

Le Boudoir
Boxhagener Straße 110
10245 Berlin-Friedrichshain

Kontakt:
www.boheme-sauvage.net

Featured pic by Frederic Schweizer

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