Gerhard Gössl – der Herr der Trachten


Wer: Gerhard Gössl, Unternehmer
Wo: Salzburg, Österreich

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Gerhard Gössl im Entree des Gwandhauses in Salzburg. Gössl ist der weltgrößte Trachtenhersteller im Premiumbereich

Der Mann trägt Tracht. Und zwar grundsätzlich. Was nicht wirklich verwundert, denn er sitzt sozusagen an der Quelle: Gerhard Gössl ist der weltgrößte Edel-Trachtenhersteller und damit der Experte für Dirndl, Janker und Lederhosen. Seit den 80er Jahren führt Gössl sein Unternehmen mit Disziplin und Konsequenz, das 1947 von seinen Eltern in Salzburg gegründet wurde. Mutter Grete – eine Wäschemacherin aus Thüringen – und Vater Leopold legten damals den Fokus ihrer Produktion auf Blusen.

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Einst Gutshof der Erzbischöfe, später Hotel, seit 2005 Gössls Firmen-Zentrale: Das Gwandhaus in Salzburg

Heute kleidet das Traditionsunternehmen mit 40 eigenen Geschäften und über 100 Verkaufsstellen in Deutschland, Österreich und Südtirol von Kopf bis Fuß ein. Dabei legt Gössl großen Wert auf Qualität: Viele Stücke werden von Hand gefertigt, mit Liebe zum Detail. In jedes Dirndl, deren Mieder mit Fischbein gearbeitet werden, ist ein Glücksgroschen eingenäht.

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Auch zu den Salzburger Festspielen ist die Nachfrage an Trachten groß: Gössl kleidet die ganze Familie ein. Klassisch, versteht sich.

Ein Gössl-Dirndl sitzt – und zwar perfekt. Worauf schaut er zuerst, wenn er einer Dirndl-Trägerin begegnet? „Auf die Gesamt-Erscheinung und wie sich die Frau im Dirndl bewegt“, sagt Gössl und lacht. Ja, er ist konservativ und Tradition ist ihm, dem Heimatverbundenen wichtig. Nicht irgendein schnelllebiger Trend.

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Der Stoff eines sogenannten Blaudruck-Dirndls entsteht durch ein besonderes Verfahren: Zunächst wird der helle Leinen- oder Baumwollstoff mit einer Schutzmasse bedruckt, anschließend mit Indigo blau eingefärbt.

„Das Besondere unserer Marke ist die Abgrenzung und die Unverfälschtheit, was auch die junge Kundschaft schätzt“, so der studierte Betriebswirt. Eine Marke, die sich nicht verbiegen lässt. Als Hüter des Originals wehrt er sich gegen Kitsch und sogenannte Fantasie-Dirndl: „Die sind nur medial groß. Eine vorübergehende Erscheinung“, konstatiert Gössl. „Die klassische Tracht hat deshalb überlebt, weil sie Identität schafft.“

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Der historische Teil des Gwandhauses, ein barockisierter Renaissancebau

Und diese Identität von Architektur, Sprache und Tracht zu kultivieren ist Gössl, dem Naturmenschen, ein großes Anliegen. 2000 erwarb er das ehemalige Schlosshotel St. Rupert in Salzburg, sanierte und erweiterte den barockisierten Renaissancebau, der seither ‚Gwandhaus‘ heißt. Österreichisch – ohne ‚e‘. „Das Wort Gwand ist ursprünglicher als der Begriff Tracht“.

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Das Gwandhaus bietet neben seinen herrlichen Aussichten Kulinarisches, Kultur, das weltweit größte Handarbeitsarchiv und historische Trachten

Als Gewandhaus oder Tuchhalle wurden seit dem Mittelalter die hallenartigen Messe- oder Lagerhäuser der Tuchmacherzunft bezeichnet. Hier verkauften die Wandschneider gewendetes, das heißt gefaltetes Tuch. Heute ist das wunderschöne Anwesen Firmen-Hauptsitz, Schneiderei, Restaurant, aber auch Raum für Veranstaltungen und kulturelle Begegnungen: Ein Ort für alle Sinne.

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Das Atelier als Bühne: Hier kann der Besucher zusehen, wie die Dirndl geschneidert werden

Hier beschäftigt Gössl rund 60 Mitarbeiter, fünf Designer kreieren pro Saison 20 verschiedene Dirndl. Das Atelier ist zudem eine Art Bühne und der ‚Gwandhaus‘-Besucher kann zusehen, wie die Dirndl genäht werden und eintauchen in die Historie der Handarbeit in dem weltweit größten Handarbeitsarchiv. Vor einiger Zeit kam Karl Lagerfeld vorbei und schaute sich intensiv um. Er war offenbar beeindruckt: die aktuelle Chanel-Kollektion ist ein einziger Trachten-Look, eine Adaption und allenfalls eine Hommage an das Original. „Jeder soll tragen, was ihm gefällt“, meint Gerhard Gössl. „Unsere Klassiker sind nicht nur für eine Saison, sie stehen für ein ganzes Leben.“ BvH

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Als Erzherzog Johann von Österreich die Postmeister-Tochter Anna Plochl 1829 heiratete, war das eine Hochzeit gegen alle höfischen Widerstände. „Das Anna Plochl Hochzeitsdirndl wird heute nach der originalen Vorlage von uns gefertigt und erfreut sich großer Beliebtheit“, erklärt Gerhard Gössl das von zeitloser Eleganz geprägte Hochzeitsdirndl.

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„Man sieht sofort, ob sich eine Frau im Dirndl wohlfühlt oder nicht. Kann sie es tragen, ist das schon ein Vorteil.“

Styling-Tipps von Gerhard Gössl:

1. Zum Dirndl niemals Nylonstrümpfe tragen.
2. Dirndl und hohe Absätze galten früher als „No go“. Heute ist das okay.
3. Was in Bayern als schick gilt, ist in Österreich verpönt: Der Unterrock gehört unter das Kleid und sollte daher unsichtbar sein.
4. Ein Dirndl muss perfekt sitzen. Zu enge Dirndl gelten als unmissverständliche Botschaft.
5. Obacht bei der Schürzen-Schleife: Die Schürze rechts gebunden bedeutet ‚vergeben‘ bzw. ‚verheiratet‘. Links heißt ‚Single‘, mittig getragen steht für ‚Jungfrau‘. Nur Witwen – oder Kellnerinnen – tragen die Schleifen auf dem Rücken. Und das nicht nur während der Salzburger Festspiele!

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Gerhard Gössl erklärt den Unterschied zwischen einer siebennahtigen Lederhose und einer Steirischen, die keine Ziernähte dafür aber klassische Motive wie Hirsche oder Gämsen hat

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„Das Kaiserhaus und die Aristokratie orientierten sich während der Aufenthalte in Ischl an der Kleidung der Landbevölkerung. Deshalb ist die österreichische Tracht im Vergleich zur bayrischen eher dezent.“

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Selbstverständlich bietet Gössl auch die dekorativen Accessoires für den perfekten Auftritt

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Der antike Kachelofen aus dem 19. Jahrhundert zeigt im Wappenkranz die Kronenländer der kaiserlich-königlichen Monarchie Österreich

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Gössl ist der größte Edel-Trachtenhersteller und damit der Experte für Dirndl, Janker und Lederhosen

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Herrliche Aussichten: Vom Gwandhaus blickt man auf das Berchtesgadener Gebirgsmassiv mit Watzmann (2.713 Meter) und Hohe Göll (2.522 Meter)

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Nicht nur während der Salzburger Festspiele die erste Adresse für Dirndl: Das Gwandhaus

Kontakt:

Gwandhaus
Morzger Straße 31
5020 Salzburg, Österreich

www.gwandhaus.com
www.goessl.com

 

There are 2 comments for this article
  1. at 11:53

    Ich finde Abgrenzung ein entscheidender Faktor, insbesondere in diesem Bereich. Daher kann ich gut den Erfolg des Trachtenherstellers verstehen. Sehr interessanter Interview und vielen Dank für die Tipps!

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