Interview mit Premium-Chefin Anita Tillmann


Wer: Anita Tillmann – Geschäftsführerin Premium-Messe
Wo: Premium, Berlin

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Premium-Ausstellungshalle im Frühjahr 2015: Der Besucherandrang ist groß

Die Modespiele sind eröffnet. Ring frei! Vom 6. bis zum 10. Juli ist in Berlin Fashion Week und eine ganze Branche steht Kopf. Wenn in dieser Woche die internationale Modeszene in der Hauptstadt einfällt, wird Berlin einmal mehr zu einem einzigen, großen Catwalk und damit zum Treffpunkt internationaler Designer, den Händlern und Vertretern der Modeindustrie, den Stars und Sternchen.
Parallel öffnet die Premium ab 8. Juli ihre Türen, die größte Modemesse Deutschlands, deren Mit-Begründerin Anita Tillmann ist. 2003 organisierte die studierte Textil- und Bekleidungs-Ingenieurin ihre erste Mode-Messe im stillgelegten U-Bahntunnel der Linie drei unterhalb des Potsdamer Platzes. Heute präsentieren auf der Premium mehr als 1000 Brands ihre Kollektionen in den ehemaligen Hallen des Güterbahnhofs am Gleisdreieck in Kreuzberg.

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Anita Tillmann, fashionbegeisterte Geschäftsführerin der Premium

MyStylery: Was motivierte Dich, in Berlin eine Mode-Messe zu initiieren?
Anita Tillmann: 2002 war der Markt gesättigt, überall gab‘s die gleichen deutschen Labels wie Boss oder Strenesse. Die Idee der Premium war, internationale und junge Designer nach Berlin zu bringen. Wir handeln nach einem „kuratierten Konzept“, bei dem das Produkt im Fokus steht und nicht die Optik eines aufwändig gestalteten Verkaufsstandes. Bei uns bekommt nicht derjenige den größten und besten Stand, der zuerst bucht und am meisten zahlt.

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Händler und Branchen-Experten bewerten die Kollektionen der Aussteller

MS: Du hast Dir von Anfang an zur Aufgabe gemacht, den Nachwuchs zu fördern. Nicht nur mit der Premium, sondern auch mit der von Dir und anderen Mode-Fachleuten kürzlich gegründeten Initiative „Fashion Council Germany“.*
AT: Wir unterstützen junge Designtalente, indem wir ihnen auf der Premium Flächen anbieten, um ihre Kollektionen zu zeigen. Ich wünschte, die alteingesessenen deutschen Modefirmen würden diesen Gedanken mehr verinnerlichen, um damit Raum zu geben für frische Ideen. Wir brauchen den Nachwuchs und müssen diesen entsprechend fördern. Das ist wie beim Fußball.

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Nicht nur die große Marken sind vertreten

MS: Mode wird immer mehr durch den Street-Style beeinflusst. Fällt den etablierten Designern nichts mehr ein?
AT: Wir leben in der Selfie-Kultur einer digitalen Welt, was das Interesse junger Menschen an Mode zusätzlich verstärkt hat. Das ist ein nie dagewesener Einfluss, der Mode damit auch schnelllebiger macht und eine neue Herangehensweise erfordert.
MS: Trotzdem bleibt selbst die junge Designermode für das kleine Budget oft unerschwinglich.
AT: Ja, denn auch die Nachwuchsdesigner produzieren in Europa kleine Stückzahlen. Je mehr Teile gefertigt werden, umso günstiger die Produktion und damit der Endpreis.

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Hier wird ein Auftrag geschrieben

MS: Viele Designer sind nicht mehr auf der Berliner Fashion Week präsent und zeigen ihre Kollektionen stattdessen in Düsseldorf oder Paris.
AT: In Düsseldorf zeigt niemand mehr. Das ist sicher auch ein Kostenfaktor. Außerdem wird das Showkonzept zunehmend in Frage gestellt: Die Presse schreibt darüber, welche Kinder prominenter Sportler als geladene VIP’s in der ersten Reihe sitzen, anstatt über die gezeigten Kollektionen zu berichten. Hier sollte nachgebessert werden mit mehr Plätzen für Mode-Experten und die Modepresse.

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Fashion-Experten unter sich: Premium-Chefin Anita Tillmann (rechts) mit Gabriele Frantzen (Schmuck) und Annette Weber vom Instyle-Magazin (links)

MS: Ist es nicht sehr anmaßend, dass gerade im Ausland die Berliner Fashion Week eher belächelt und damit scheinbar auch nicht wirklich ernst genommen wird?
AT: Absolut. Aber Mailand, London, Paris und New York unterschätzen mit ihrer Haltung den deutschen Markt und dessen Kaufkraft. Vielleicht ist das auch ein Ausdruck von Angst. Der hiesige Markt wächst ständig. An Deutschland kommt man nicht mehr vorbei. BvH

*Fashion Council Germany ist der Zusammenschluss einflussreicher, deutscher Mode-Experten – u.a. Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp – die den Fokus auf den deutschen Markt und in Deutschland produzierte Mode lenken wollen. Mode soll als Kultur- und Wirtschaftsgut wahrgenommen werden, junge Designer sollen gefördert und die mediale Wahrnehmung des deutschen Modedesigns gestärkt werden.

Kontakt:
www.premiumexhibitions.com

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